Warum habe ich gegen den Antrag des Vereins Bavaria Bohemia gestimmt?

Der Stadtrat von Schönsee entschied am 21. Juli 2015 über den Antrag des Vereins Bavaria Bohemia e. V. auf Erlass der Nutzungspauschale in Höhe von 5.000,- für das 4. Quartal 2015. Der Antrag wurde mit 11:1 Stimmen genehmigt. Die einzige Gegenstimme kam von mir und das obwohl ich seit Jahren Mitglied dieses Vereins bin.

Dem Antrag habe ich erstens nicht zugestimmt, um zum Ausdruck zu bringen, dass die Grenze der Belastbarkeit der Stadt Schönsee durch das CeBB (Centrum Bavaria Bohemia) längst überschritten ist. Es war für mich die erste Gelegenheit dazu. Ich bin erst seit Mai 2014 im Stadtrat. Über die laufenden Kosten des CeBB gab es seitdem noch keine direkte Abstimmung. Die Stadt Schönsee erwartet für das Jahr 2015 nun (nach der Genehmigung des Antrages) ein Defizit aus dem Betrieb des (CeBB) von über 80.000,- .

Ich sehe es so, dass das Ziel des CeBB - ein kulturelles Bindeglied zwischen den bayerischen und tschechischen Nachbarregionen zu sein - zwar absolut ehrenwert und wichtig ist, gleichzeitig aber ganz klar nicht zu großen Teilen von den wenigen Bürgern der Stadt Schönsee finanziert werden kann. Der Aufbau und die Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit ist für mich eindeutig eine überregionale Aufgabe, die demzufolge auch hauptsächlich von überregional agierenden Institutionen geschultert werden muss, in erster Linie vom Freistaat Bayern und auch der tschechischen Republik.

Dies sind übrigens keine neue Erkenntnisse oder welche, die ich exklusiv gewonnen habe. Im Prüfbericht des Rechnungsprüfers für die Jahresrechnungen 2004 bis 2008 der Stadt Schönsee heißt es z. B. wörtlich: „Die Förderung der kulturellen Beziehungen zwischen Bayern und Böhmen zählt nicht zu den Pflichtaufgaben einer Stadt mit rund 3.000 Einwohnern“. Im Vorbericht zum Haushaltplan des Jahres 2009 schreibt der Kämmerer der Stadt Schönsee wörtlich: „Meiner Meinung nach kann es nicht Aufgabe der Stadt Schönsee sein, die Beziehungen zwischen der Oberpfalz (bzw. Ostbayern) und der Region Pilsen (bzw. Westböhmen) aufzubauen und zu pflegen. … hat sich die Stadt Schönsee mit einem Festzuschuss von 10.000,00 € pro Jahr im Hinblick auf die finanziellen Verhältnisse schon viel zu weit aus dem Fenster gelehnt.“

Die laufenden Kosten des CeBB und die Verteilung der Kosten auf verschiedene Institutionen habe ich aus Gründen der Übersichtlichkeit in einem extra Dokument aufgezeigt. Ein Klick auf den Link zeigt Ihnen die Zahlen. Sie können dann einsehen, wie viel das CeBB den Bürgern der Stadt Schönsee gekostet hat (Bauphase) und laufend kostet, und wie die Kosten auf die Stadt Schönsee, den Landkreis Schwandorf, den Landkreis Pilsen, den Bezirk Oberpfalz, die Region Westböhmen, den Freistaat Bayern, den tschechischen Staat und die EU verteilt sind,

Mein zweiter Grund für die Ablehnung des Antrags ist, dass ich keine Bemühungen des CeBB erkennen kann, auf der Kostenseite einzusparen. Aus meiner Sicht wäre z. B. bei den Personalkosten durchaus Spielraum für größere Einsparungen vorhanden. Diese beliefen sich im Jahr 2014 auf 200.000,- € für den Geschäftsführer Hans Eibauer und drei Vollzeitkräfte. Dazu kommen noch zwei geringfügig beschäftigte Mitarbeiter (ca. 15.000,- €). Dem Antrag des Vereins Bavaria Bohemia e. V. entnehme ich, dass am 30.9.2015 „mit dem Projekt regio2015 vorerst die EU-Förderung des CeBB“ endet und „es voraussichtlich erst ab 2016 möglich ist, neue EU-Förderanträge zu stellen.“ Also fällt offensichtlich im CeBB in der nächsten Zeit deutlich weniger Arbeit an. Demzufolge müsste auch der Personalbedarf sinken und es könnten Maßnahmen ergriffen werden, um die Personalkosten zu senken. Ich bin der Ansicht, auch beim Betrieb des CeBB muss das ökonomische Prinzip gelten. Die Stadt Schönsee - und damit die Bürger Schönsees - sollte(n) nur dann um (weitere) finanzielle Unterstützung gebeten werden, wenn alle betriebswirtschaftlichen Hausaufgaben gemacht sind und es trotz gewissenhafter Bemühungen zu einer Finanzierungslücke kommt. Dies einmal ganz abgesehen von dem mir wichtigeren Punkt 1 (fehlende bzw. zu geringe Beteiligung überregionaler Institutionen - siehe oben).

Der Argumentation, das CeBB mache Schönsee überregional bekannt und bringe Kaufkraft nach Schönsee, stimme ich übrigens nur sehr eingeschränkt zu. Das Seefest, das Pascherspiel oder die hervorragenden Loipen im Langlaufzentrum Schwand tragen meiner Ansicht nach einerseits weit mehr zum positiven Image Schönsees bei und kosten der Stadt andererseits nur einen Bruchteil dessen, was das CeBB gekostet hat und noch kosten wird. Auch der mögliche Kaufkraftzuwachs durch das CeBB ist im Vergleich zu den Kosten meiner Ansicht nach unerheblich.

Das CeBB argumentiert, dass „Gäste des Schönseer Landes an sieben Tagen in der Woche Auskunft und Ansprechpartner“ im CeBB finden und dass dieser Gästeservice „sehr geschätzt“ wird und „weit und breit nicht seinesgleichen“ findet. Dies würde das „Mitarbeiterteam von Montag bis Freitag, ehrenamtliche Kräfte samstags und sonntags“ leisten. Dazu ist zu sagen, dass sich werktags das Büro der Tourist-Information der Verwaltungsgemeinschaft im CeBB befindet und damit ein Mitarbeiter, der von der Verwaltungsgemeinschaft Schönsee bezahlt wird (also von den Gemeinden Stadlern, Weidig und Schönsee). Außerdem frage ich mich, ob die anderen Gemeinden des Schönseer Landes - also Weiding und Stadlern - sich freiwillig an den laufenden Kosten des CeBB beteiligen, um den „weit und breit“ einmaligen Gästeservice des CeBB zu würdigen und zu unterstützen. Sie profitieren ja nach Angaben des CeBB auch gehörig davon. Der Bericht zur Stadtratssitzung spricht hierzu nur von einer „Reihe von Gemeinden“, welche die Arbeit des CeBB mit „kleineren Beträgen“ unterstützen. Es wäre also zu klären, ob die Verantwortlichen in der Stadt Schönsee und im CeBB die Gemeinden Stadlern und Weiding nachdrücklich genug dazu aufgefordert haben, sich finanziell an den laufenden Kosten des CeBB zu beteiligen.

Den Bau forciert hat der damalige 1. Bürgermeister Hans Eibauer. Er bezieht mittlerweile Ehrensold für seine jahrzehntelange Tätigkeit im Ehrenamt und ist unter anderem hauptamtlicher Geschäftsführer des CeBB. Die Befürworter waren damals vor allem auf Seiten der CSU. Einige sind ja immer noch im Stadtrat dabei, z. B. Hans Schieber, Kreisrat Michael Ebnet, Birgit Höcherl (mittlerweile 1. Bürgermeisterin und Kreisrätin), Josef Irlbacher, Hans Pfistermeister oder auch Josef Höcherl, der 3. Bürgermeister von der Freien Wählergemeinschaft Gaisthal-Rackenthal und Josef Fleißer von der SPD. Gerade die Mandatsträger der CSU hätten gute Beziehungen zu Landtagsabgeordneten und hätten schon lange dafür sorgen können, dass die Finanzierung des CeBB und dessen überregionalen Aufgaben von der Stadt Schönsee auf die Schultern verlagert wird, wo es hingehört, also zum Freistaat Bayern. Die CSU hat ja im Landtag die absolute Mehrheit und bräuchte niemanden fragen, um das CeBB besser zu unterstützen. Bürgermeisterin Birgit Höcherl sitzt übrigens im Vorstand des Vereins Bavaria Bohemia. Ich gehe davon aus, dass sie ihren Kollegen im Vorstand längst aufgezeigt hat, dass die Stadt Schönsee noch andere Aufgaben als den Betrieb des CeBB hat …

Ich werde übrigens trotz meiner Entscheidung, den Antrag auf Erlass der Nutzungspauschale für das 4. Quartal 2015 abzulehnen, weiter Mitglied des Vereins Bavaria Bohemia e. V. bleiben und einen jährlichen Beitrag von 50,- € entrichten. Die Arbeit, die von den Mitgliedern ehrenamtlich geleistet wird schätze ich nämlich ebenso hoch wie die grundsätzliche Zielsetzung und Arbeit des Centrums Bavaria Bohemia (CeBB). Als Stadtrat entscheide ich jedoch stellvertretend für alle Bürger der Stadt Schönsee, wie deren Geld verteilt wird. Daher ist die Perspektive für meine Entscheidung, den Antrag abzulehnen eine ganz andere als die, welche ich als Privatmann wähle, wenn ich entscheide, ob ich einen Verein mit einem bestimmten Ziel fördere oder nicht. Jeden Euro kann man bekanntlich nur einmal ausgeben und wenn die Stadt Schönsee ihn für das CeBB ausgibt, fehlt er woanders, z. B. beim Kinderspielplatz, beim Bau von Radwegen oder bei der Renovierung der Turnhalle. Und die große Bereitschaft in der Bevölkerung, ständig mehr in das CeBB zu investieren und dafür auf anderes zu verzichten oder anderes ständig zu verschieben, kann ich absolut nicht erkennen.

28. August 2015, Thomas Schiller