Stellungnahme zur geplanten Fällung der Kastanienbäume in der Bahnhofstraße

Hinsichtlich der Kastanienbäume in der Bahnhofstraße haben wir es meiner Ansicht nach mit einer endlosen Abfolge von Versäumnissen und Ungereimtheiten zu tun.

Ein erster Ortstermin mit der Bürgermeisterin, dem geschäftsführenden Beamten der Stadt Schönsee Josef Spachtholz, Herrn Hösl von der Kreisstraßenverwaltung und Kreisfachberaterin Schmid vom Landratsamt Schwandorf fand am 14. März 2013 (!!) statt, also vor 2 ½ Jahren!! Die Ergebnisse hat Frau Schmid in einem Brief an die Stadt Schönsee zusammengefasst. Hiervon habe ich erst am 21. Oktober 2014 Kenntnis erlangt.

Im Februar 2014 wurde ein neuer Stadtrat gewählt. Dass den Bürgern nicht vor der Wahl aufgezeigt wurde, was hinsichtlich der Kastanienbäume auf sie zukommt, finde ich höchst bedenklich. Wäre das transparent gewesen, hätte der Wähler über die Zukunft der Kastanienbäume mitentscheiden können. Die Fraktionen haben ja ganz offensichtlich unterschiedliche Ansichten dazu. Diese Beteiligung der Bürger über den Wahlzettel war vermutlich nicht gewünscht. Stattdessen wurde das Thema erst einmal für lange Zeit unter den Teppich gekehrt.

Denn erst am 20. Mai 2014 - also über ein Jahr nach dem es der Bürgermeisterin bekannt war - erreichte das Thema den Stadtrat, dann aber gleich in der 2. Sitzung des neuen Stadtrates. Den wollte man vermutlich gleich überfahren in der Hoffnung, dass die Tragweite nicht erkannt wird. Es fand eine Ortsbesichtigung statt und Herr Spachtholz teilte den Stadträten mit - ich zitiere aus dem offiziellen Protokoll (von Herrn Spachtholz verfasst und von allen Stadträten genehmigt) - "die Tiefbauabteilung des Landkreises Schwandorf ... hat festgestellt, dass die ... Kastanienbäume zum großen Teil nicht mehr verkehrssicher sind und die Stadt verpflichtet ist, einen verkehrssicheren Zustand herzustellen." Herr Spachtholz erläuterte "dass die Bäume von der Einmündung in die Staatsstraße 2159 bis zur Einfahrt zur Scheune des Hans Betz ... alle erhebliche Faulstellen ... aufweisen und deshalb der gesamte Abschnitt gerodet werden sollte." Der Stadtrat beschloss aufgrund dieser drastischen Schilderung des Herrn Spachtholz zwar nicht gleich eine Fällung aller Kastanien, wohl aber sollte die Bürgermeisterin für eine Rodung im Spätherbst 2014 Angebote einholen.

Abgesehen davon, dass diese Angebote heute - also 1 ½ Jahre danach - immer noch nicht vorliegen, habe ich damals - also im Mai 2014 - nachgefragt, ob eine schriftliche Anweisung des Tiefbauamtes vorliegt, welche den Sachverhalt bestätigt. Dies wurde bejaht. Ich verlangte eine Kopie. Diese Forderung habe ich später noch mindestens einmal wiederholt. Erst am 22. September 2015 (!) erhielt ich die Kopie. Also kann ich mich auch erst jetzt darauf beziehen. Das Schreiben der Tiefbauverwaltung war am 22. Oktober 2014 bei der Stadt Schönsee eingegangen, also fünf Monate nach der Ortsbesichtigung durch den Stadtrat und demzufolge auch fünf Monate nach der Bestätigung, dass es vorhanden sei. Und es spricht von "einigen" Bäumen, die starke Schädigungen aufweisen. Im Übrigen wird auch in dem Schreiben der Kreisfachberaterin Schmid (Landratsamt Schwandorf) vom 16. April 2013 davon gesprochen, dass sich die Kastanienbäume "teilweise in einem sehr schlechten Zustand" befinden. Beide Schreiben haben aber eindeutig eine ganz andere Dimension als das, was Herr Spachtholz und die Bürgermeisterin den Stadträten bei der Ortsbesichtigung vermittelt haben. Deren Vorschlag war - zur Erinnerung -, den gesamten Abschnitt zu roden, weil alle Kastanienbäume erhebliche Faulstellen aufweisen.

Warum man alle Bäume fällen soll, wenn einige starke Schädigungen aufweisen (vgl. den Wortlaut der Schriftstücke der Kreisfachberaterin Schmid und des Tiefbauamtes), kann ich absolut nicht nachvollziehen. Ganz abgesehen davon, dass viele alte Bäume trotz hohlem Innenkörper noch Jahrhunderte stehen! Die Tatsache der Verkehrssicherheit wurde schon seit 2013 vom Kreisbauhof angemahnt, wie es ja auch dessen Aufgabe ist. Dies bedeutet aber sicher nicht, dass man alte Bäume einfach auf Verdacht hin fällen muss.

Der Stadtrat hat am 10. März 2015 beschlossen - ich zitiere wörtlich aus dem Protokoll - "die schadhaften Bäume baldmöglichst zu entfernen". Nur die FWG Schönsee hat damals gegen dieses Vorhaben gestimmt.

Dies setzt jedoch voraus, dass man weiß, welche Bäume wirklich so kaputt sind, dass sie entfernt werden müssen. Dazu müsste meiner Ansicht nach unbedingt ein Baumsachverständiger einbezogen werden! Anders geht es einfach nicht! Dieses Dilemma hat die Fraktion der Freien Wähler erkannt und deshalb im März 2015 beantragt, die Entscheidung über die Fällung der Kastanienbäume zu verschieben und erst ein entsprechendes Gutachten einzuholen. Die Kosten dafür betragen ca. 2.000,- Euro. Die Kollegen im Stadtrat ließen jedoch diesen Antrag nicht zur Abstimmung zu. Jetzt werden alle Bäume des fraglichen Abschnitts gefällt, weil ein Beamter des Landratsamtes aufgrund einer kurzen In-Augen-Schau-Nahme 20 Stück als stark beschädigt und nicht verkehrssicher eingestuft hat. Das kann doch wohl nicht sein!

Wenn man ein altes Gebäude abreißt, so kann man es im nächsten Jahr wieder fast genauso aufbauen, wenn man aber einen alten Baum fällt, so dauert es mehrere Jahrzehnte, sprich mehrere Generationen, bis das Stadtbild wieder hergestellt ist. Die weitreichenden ökologischen Konsequenzen sind dabei noch gar nicht berücksichtigt, denn eine Neupflanzung junger Bäumchen ist für einen alten Baum bei Weitem kein Ersatz. Meiner Meinung nach liegt es deshalb im ureigensten Interesse der Stadt Schönsee, das Stadtbild sowohl für die Bürger als auch im Hinblick auf den Tourismus soweit möglich zu erhalten und zu verbessern.

Ich sprach deshalb bei der Stadtratssitzung vom 20. Oktober 2015 wohl im Namen vieler Schönseer Bürger, als ich den Stadtrat eindringlich bat, seine Entscheidung vom März 2015 zu revidieren und alles Notwendige für den Erhalt möglichst vieler der alten Bäume und damit dem typischen Schönseer Stadtbild zu unternehmen. Wir sollten unbedingt verhindern, dass ein Stück Lebensqualität unwiederbringlich verloren geht. Das richtige Motto bezüglich der Kastanienbäume ist für mich: Pflegen statt Fällen!

Und die Baumpflege wurde in der Stadt Schönsee über Jahrzehnte eklatant vernachlässigt. Die Kastanienbäume in der Bahnhofstraße wurden z. B. seit mindestens zwölf Jahren nicht mehr zugeschnitten. Die Stadt Schönsee hat sich durch die nicht erfolgte Baumpflege viel Geld gespart. Ich forderte deshalb in der Stadtratssitzung vom 20. Oktober 2015 nochmals, 2.000,- € für eine zweite Meinung zu investieren. Ein Baumsachverständiger soll uns bessere Entscheidungsgrundlagen liefern. Wenn dieser - entgegen meiner Erwartung - ebenfalls zu dem Ergebnis kommen sollte, dass 20 Bäume des fraglichen Abschnitts gefällt werden müssen, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten, dann wird auch die Fraktion der Freien Wähler der Rodung des gesamten Abschnitts zustimmen. Wenn aber der Baumsachverständige herausfindet, dass nur 5 oder 7 Bäume nicht verkehrssicher sind, wäre ein Erhalt der restlichen Bäume die wesentlich bessere Lösung für Schönsee. Das ist meine feste Überzeugung.

Positiv überrascht haben mich die Kollegen Reinhard Kreuzer und Josef Eibauer (FWG Schönsee-Ost), die ebenfalls deutlich erkennen ließen, dass sie nun ein derartiges Sachverständigen-Gutachten befürworten. Leider hat diese Unterstützung gegen die Beton-Fraktion aus CSU, SPD und FWG Gaisthal nicht gereicht ... Aus dieser Ecke wurde mir in der Sitzung übrigens auch unterstellt, dass ich wegen der Kastanienbäume nur so einen Wind mache, weil ich "bei der nächsten Kommunalwahl 30 Stimmen mehr haben will" und dass ich "oberlehrerhaft auftrete und argumentiere". Sie wundern sich? Aber, das ist leider das Niveau, auf dem sich Stadtratssitzungen in Schönsee bewegen ...

20. Oktober 2015, Thomas Schiller für die Freie Wählergemeinschaft Schönsee (FWG)